Geschichte der Clans – Migration der Mhallami 

Wenn wir uns mit der aktuellen Situation der Clans In Deutschland beschäftigen wollen, müssen wir einen Schritt zurück gehen und uns in die Geschichte, bzw. dem Ursprung der Bildung der Clans begeben. 

Dafür gehen wir in die Zeiten vor dem Ende des Ersten Weltkrieges:

Damals existierten im Nahen Osten keine Landesgrenzen. Es herrschten hingegen zwei Reiche, deren Trennlinie vom Persischen Golf im Süden bis Armenien im Norden verlief. 

Im Osten von dieser Trennlinie lag das Reich der Persischen Safawiden, westlich das Reich der türkischen Osmanen

Wobei die nahöstlichen arabischen Gebiete Bestandteile des Osmanischen Reiches waren. Ab 1683 hatte das Osmanische Reich seine maximale Ausdehnung erreicht. Die Araber:innen blieben jedoch bis zum Jahr 1918 dem Osmanischen Reich treu.
In der Antike bezeichnete man die Gebiete Irak, Türkei, Syrien, Libanon, Jordanien Palästina und Teile der arabischen Halbinsel  als „Arabien“. 

Innerhalb dieses Gebietes „Arabien“ gehörten Migration und Wanderung zur Normalität. Weite Teile dieser Bevölkerung waren Nomaden. Nomaden wanderten in den Bergregionen, weil die kleinen Ackerflächen keine Landwirtschaft erlaubten und sie zogen auf der Suche nach Weideland und Wasser für ihre Herde durch das Land.

In dem Gebiet „Arabien“ bestimmten die Stammesverhältnisse die Gestaltung der sozialen Struktur.

 
Wenn wir diese soziale Struktur näher betrachten, dann war die Familie eingebettet in eine Sippe, dem sogenannten Clan.
Dabei war zu beobachten, dass mehrere Sippen einen Stamm bildeten und mehrere Stämme bildeten wiederum eine Konföderation. 

Zwischen diesen Gruppen gab es eine Solidarität, die ihren Ausdruck in der Pflicht zur Vendetta und zur Beteiligung an Kriegen findet.
Wenn zum Beispiel der Clan angegriffen wurde, dann solidarisierten sich alle Clanmitglieder gegen den Feind.

Man betrachtete schon damals den Clan als eine verwandtschaftliche Verbundenheit, bzw. als einen Familienverband.
Von Clan zu Clan gab es unterschiedliche Regelungen innerhalb des Familienverbandes was z.B. Inzestverbot, Eheschließung oder Erbschaft betraf. In der Regeln bleiben die Clans exogam, d.h. sie heiraten außerhalb ihres jeweiligen Clans. Bei den Araber:innen  sind die Clans endogam, was bedeutet, dass die Eheschließung innerhalb des Clans stattfindet. Die Endogamie ist das Hauptmerkmal der sogenannten arabischen Familienstruktur gewesen. Das zweite Hauptmerkmal der arabischen Familienstruktur ist die Ehe mit der Cousine väterlicherseits, was die Solidarität unter den Brüdern noch mehr stärken soll. Das Verheiraten der Kinder untereinander soll die Familienbildung stärken und intensivieren. Auch die Eheschließung mit der Cousine mütterlicherseits ist weit verbreitet, was die Clansoildarität noch mehr stärken soll.

Um auf die Nomaden zurück zu kommen, betrachten wir drei Typen von Nomaden: Es gab die vollen Nomaden, die mit Kamelherden und Pferden ständig auf der Suche nach Weideland und Wasser waren. Die Halbnomaden hatten ebenfalls Pferde und Dromedare, besaßen aber auch Schafe und Ziegen als Wirtschaftsgüter. Diese waren sesshaft in den Dörfern und betrieben Handel, sie gingen im Herbst auf Wanderung und kehrten im Sommer für die Ernte zurück. Die dritte Gruppe der Nomaden war komplett sesshaft und betrieb hauptsächlich Ackerbau. Die Viehzucht war für sie nur eine ergänzende Tätigkeit. Und zu dieser Gruppe zählen die Mhallami. 

Die Dörfer der Mhallami lagen in den kurdischen Provinzen von Diyarbakir und Mardin.

In diesen Regionen widmeten sich die Menschen dem Ackerbau und mehr noch der Viehzucht. Die Organisation in Stämmen war weit verbreitet: die Menschen waren zuerst Clans, danach kam ihre religiöse und ethnische Identität. Weder die Osmanen noch andere Autoritäten schafften es, die Nomaden zu beherrschen. Denn sie handelten nach ihrem Stammesrecht. Für sie war die Freiheit ein äußerst wichtiger Faktor im Leben als Nomaden. Sie haben das harte Leben in der Wüste für ihre Freiheit in Kauf genommen. Aus diesem Freiheitsgefühl rührte ihre Verachtung für die Sesshaften. Experti:nnen sagen, dass Raub und Plünderung fester Bestandteil der nomadischen Lebensweise war. Sie überfielen die Dörfer der Sesshaften, sie erpressten Schutzgeld von den Bauern und überfielen auch Reisende.

Wie ist die Migration der Mhallami in den Libanon erfolgt?

Stämme sind keine starren Gebilde, sie ändern sich dadurch, dass sie auswandern. Und die Einwanderung der Stämme in den Libanon geht auf die Zeit der religiösen Eroberung im 7. Jahrhundert zurück. Die Stämme besiedelten die Bekka-Hochebene und die Küste von Libanon. Im Libanon gibt es zwei Bergketten, dazwischen liegt die Bekaa-Hochebene und ein Küstenstreifen. Die arabischen Stämme wurden bewusst in den Küstenstädten angesiedelt, um die Angriffe der Byzantiner abzuwehren.
Die Bekaa-Hochebene, die in die syrische Wüste mündet, war ein natürliches Einzugsgebiet der Nomaden. Anfang der Zwanziger Jahre erschienen die Mhallami im Libanon in kleineren Gruppen. Die Neuankömmlinge informierten ihre zurückgebliebenen Angehörigen vom Wohlstand im Libanon und so setzte in den Vierzigerjahren die große Einwanderung ein. 80 Prozent der Mhallami immigrierte in dieser Zeit in den Libanon. Um den Zuwachs der Christ:innen durch die armenische Einwanderung auszugleichen, wurde die Einwanderung der Mhallami durch die Sunnit:innen weiter gefördert. Wegen der Blockade der Christ:innen wurden die Mhallami aber nicht eingebürgert. 

Dir Mhallami wohnten unter schwierigen hygienischen Bedingungen in sogenannten „Blechbaracken“. Sie waren beschäftigt in naheliegenden Gemüse- und Obstmärkten. Schon damals haben sich die Mhallami in verschiedenen Wohnvierteln nach Familie und Herkunftsort zusammen getan und bildeten Ghettos. Sie wurden durch Geburten und Familiennachzug immer größer. Sie besetzen um das Viertel Quarantina/al- Maslakh um den Schlachthof von Beirut eine große Fläche.

Die Mhallami wurden in Beirut geduldet, hatten aber keine Arbeitserlaubnis und durften keine freien Berufe ausüben wie die Armenier:innen. Ihre Kinder durften nicht in die staatlichen Schulen und sie waren ebenfalls vom Gesundheitssystem ausgeschlossen. 

Die Einbürgerung der Mhallami erfolgte durch die Aufnahme des Vertrags von Lausanne 1923, wonach die Frage der Staatsangehörigkeit in den Nachfolgestaaten des Osmanischen Reichs geregelt und 1924 im libanesischen Staatsangehörigkeitsrecht aufgenommen wurde. Bei der Volkszählung von 1932 wurden die übrigen Mhallami eingebürgert, die am 30. August 1924 im „Grand Liban“ wohnten.

Wie erfolgte die Migration der Mhallami nach Deutschland?

Die Mhallami gehören zu den Libanon-Flüchltlingen, die nach Ausbruch des Bürgerkriegs am 13. April 1975 nach Deutschland flohen. 

Dabei spielt Berlin eine wichtige Rolle, denn sie kamen unbehindert von Ostberlin nach Westberlin.

Die Berliner Mauer hat es damals möglich gemacht, dass die Mhallami von Ost- nach Westberlin rüber konnten. Es gab eine einseitige Durchlässigkeit der Mauer von Ost nach West, umgekehrt nicht.

Wie erfolgte der Transit?

Die Flüchtlinge kauften im Libanon ein Flugticket und flogen mit der DDR Fluglinie von Beirut nach Berlin-Schönefeld. Dort erhielten sie ein Transitvisum für fünf Mark. 

Mit diesem Transitvisum wurden die Flüchtlinge in einem Bus zum Grenzübergang in der Friedrichstraße gefahren. 

Dort verließen sie das DDR-Gebietdurch die Grenzkontrollen und kamen in den Westen, weil es keine Polizist:innen an der Grenze gab.
Vom Bahnhof Friedrichstraße fuhren sie mit der U Bahn und S-Bahn in den Westen von Berlin. 

Am 1. Oktober 1986 wurde dieser Transitweg unterbunden, wonach die Asylbewerber:innen Zahl rapide gesunken ist.

Wie es mit der Geschichte der Mhallami weiterging und welche Ursachen zu der Bildung von Clans geführt haben, darüber erfahrt ihr in der zweiten Folge des Blogs zum Thema „Clans“.

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